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MICHÈL MARTINS ALMEIDA

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Michèl ist Schriftsteller für jeden Bedarf,

spielt unvergleichbar Schlagzeug, meistens mit den Künstlern CATT oder  FIL BO RIVA und hat ein unglaublich inspirierendes Feingefühl

für Menschen und seine Umgebung.

Diese in Videos und Fotos einzufangen ist

auch ein Talent, was er mit der Welt teilt und, 

was sich auch oft in meiner Arbeit widerspiegelt.

Was ihn inspiriert und welche detailhaften  Beobachtungen er jeden Tag einfängt, lest ihr in den folgenden Zeilen.

 „Es ist ein merkwürdiger Prozess, über das eigene Tun nachzudenken.“

☁️ Ich habe Michèl gefragt, wie es bei ihm begann, wie er zu der Musik kam, wie es sich „gefügt hat“ gleichzeitig auch so unglaublich inspirierend und beeindruckend schreiben und zeichnen zu können. Es gibt niemanden den ich kenne, der mit so einer Wortgewandtheit und stillen Kreativität durchs Leben schreitet wie er es tut. Ein Mensch der den Beweis lebt, wie viel sich unter einer Oberfläche eigentlich verbergen kann und stets die Möglichkeit zelebriert, in bereits Dagewesenem immer wieder eine neue Form finden zu können. „Bei der Frage nach dem Anfang, stellt sich die Frage nach verschiedenen Anfängen. Musik, Optisches, Schreiben.“

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☁️ Drei Dinge die für sich stehen und bei Michèl gleichzeitig in der Lage sein können zu etwas ganz Eigenem fusioniert zu werden.

 

 

„Musik: Ich erinnere mich nicht ans "Anfangen". Meine früheste Erinnerung ist das "Spielen". Das Sitzen am Schlagzeug des Vaters auf dem Dachboden. Drei oder vier Jahre alt. Und überall war Musik: The Police, Sting, Genesis, U2. Dann kam der Klavierlehrer. Spürte, dass ich keine Noten lesen mochte und ihm beim Vorspielen immer auf die Finger (statt aufs Blatt) sah; von da an ließ er mich improvisieren. Wir überlegten uns Szenerien, die ich vertonen sollte, er saß in der Ecke des Raumes mit geschlossenen Augen und monologisierte, wenn ich fertig war, oft minutenlang, was er "gesehen" hat. Mit 10 gründete ich meine erste Band, mit 13 brachte ich mir das Gitarrespielen bei. Spielte in der Freizeitband meines Vaters die Stücke, die ihm (auf dem Schlagzeug) zu schwierig waren. Mein Vater sagte immer ich soll etwas mit Musik machen, das sagte er auch anderen. Wenn ich Schlagzeug spiele, denke ich nicht ans Schlagzeugspielen, sondern beobachte meine Umgebung. Mit den Augen und den Ohren.“

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„Optisches: ich habe einen Großteil meiner Kindheitfreizeit in Hotels und Restaurants verbracht. Dort gab man mir Kellnerblöcke und Kugelschreiber, ich zeichnete alles was mich umgab. Immer aus meinem Blickwinkel. Schnell und detailreich. Als ich eingeschult werden sollte zeichnete ich beim Schulpsychologen viel zu viel, er sagte wohl soetwas wie "Danke, reicht!" Und "ich habe es verstanden" - so meine Mutter. In Kindheitsurlauben führte ich die VHS-Kamera und drehte kleine "Urlaubsreportagen", die ich nach der Heimkehr der Familie vorführte. Ich machte Abitur mit künstlerischem Schwerpunkt und ließ mir von meiner Kunstleistungskurslehrerin den Spaß am Zeichnen verderben.“ 

 

 

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☁️ Oberflächliche Beobachtungen, intensive Begegnungen und auch jede vermeintliche Kleinigkeit ist ein bedeutsamer Teil unseres Mosaiks, welches nach einer zeitlichen Distanz in den meisten Fällen ein erkennbares und halbwegs nachvollziehbares Muster ergibt. Ich frage mich wie es ist, wenn wir nochmal zehn Jahre älter sind. Es würde mich nicht wundern, wenn wir über unsere heutigen Zweifel schmunzeln und unserem früheren ungeduldigen Ich verzeihen, wenn manche Formen sich erst später finden konnten. 

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 „Schreiben: als Kind diktierte ich meiner Großmutter stundenlang Geschichten. Die Protagonisten waren stets reale Personen. Im Abitur entdeckte ich über einen Emailbriefwechsel mit einer Freundin die Freude am Schreiben, nachdem mir der Deutschunterricht diese zu nehmen versuchte. Seit ich mich erinnere, sagt man mir ich spräche und schriebe "für mein Alter unangemessen". Ausformuliert und verschwurbelt, wie ein Sechzigjähriger. Tourneenotizen und Beobachtungen sind (seitdem ich in Berlin wohne) mein "Ausgleich" zur Musik.“ 

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☁️ Ich erinnere mich an den Tag als ich Michèl fragte, ob er für meine Kultursendung auf Radio ZUSA (Lüneburger Bürgerrundfunk) einen Text schreiben könne, also eine Art Gastbeitrag, den er für mich einliest. Ich gab ihm ein grobes Thema und nannte es „Umbruch und Dinkelkekse“. 

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„Umbruch ist laut, impulsartig, eindeutig. Umbruch ist da, wo Energie frei wird. Wo sich etwas Bahn bricht. Wo etwas „raus muss“ weil es „nicht mehr anders geht“. Revolution (und damit: Veränderung) beginnt im Großdenken, im Einsilbigen, im Idealismus, im Radikalen, im Glauben an eine Sache. Doch „Glauben an eine Sache“ klingt gestrig, wie „Anrufbeantworter“ oder „Kohlrouladen“. Wer glaubt, weiß nicht - und man kann doch heute alles wissen (Ok, Google!) und „eine Sache“, das schließt ja auch aus und wer ausschließt, dem gehen Optionen verloren und Optionen sind doch die Idee unserer Zeit. Das „alles kann, nichts muss“ - das „irgendwas mit Medien“. Die Generation Option ist eher implizit als explizit, fühlt sich dem Schrägstrich näher als dem Ausrufezeichen, legt sich lieber hin als fest. Die Welt ist zu komplex um sie zu ändern, resigniert der selbsternannte Realist und guckt auf der Suche nach Optimierung lieber in den Spiegel.“

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Wir sehen Raster und uns fällt nichts dazu ein. Im besten Fall fallen wir aus ihnen heraus. Die die im Raster bleiben, bleiben in ihrer Komfortzone, verharren in sich, weil man weiß, wie dort alles funktioniert, man eckt nicht an, man gehört in eine gewisse „Ordnung“. Als Kind hatte Michèl oft das Gefühl mit seinen beobachtenden und analytischen Gedanken allein zu sein und verstand die anderen um sich herum oft nicht. „Ich bin ständig damit beschäftigt, Dinge die mich umgeben in eine "Ordnung" zu bringen. Einzuordnen, zu analysieren, zu dekonstruieren und neu zusammen zu setzen. Nachfühlbar zu machen! Ich denke immer bewusst, denke immer in Worten und Sätzen, wie in Monologen. Nur beim Schlagzeugspielen denke ich nicht. „Man kann das Leben nicht verlängern, aber verdichten" sagt Roger Willemsen: das ist ein Antrieb für alles, nicht nur für Kunst! Das etwas verschwurbelte "Carpe Diem" oder das Feuilleton-Yolo. Meine "Kunst" ist die Verdichtung von Realität.

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Und: In der Musik, in der Kunst und im Schreiben ist das wichtigste EMOTION. Ohne Berührung ist Kunst recht sinnlos.“

 

☁️Michèl lebt uns das vereinzelte Drumherum vor. Durch jede Silbe die er schreibt spüre ich mehr Antrieb für meinen eigenen inneren Prozess. Jede Melancholie und jedes Gefühl in uns hat seine Berechtigung gefühlt und transformiert zu werde – „Melancholie gehört gelebt!“, schrieb er mir vor kurzem und es klingt immer noch in mir nach. Wenn wir diese Gefühle verdrängen, wenn wir es uns nicht gestatten sie zu fühlen und zuzulassen, dann kommen wir nie an den Punkt sie in etwas Neues transformieren zu können, weil wir viel zu sehr damit beschäftigt sind uns davor zu fürchten. Wir haben oft Angst vor der eigenen Intensität und der Resonanz anderer. Die eine Sache in sich zu finden und sie zu „verdichten“, wie es Roger Willemsen (lest seine Bücher!!) sagt. An ihr und sich zu arbeiten im ständigen Gedanken daran mit dem inneren Mosaik in einem zu wachsen. Auch wenn wir vermutlich nie jedes Detail in seiner Tiefe begreifen werden.

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